Starten wir das Flugzeug von irgendwo in Deutschland, Ziel der Reise ist Teneriffa. Der Passagierraum füllt sich mit menschlichen Naturen.
Egal, in welches moderne Transportmittel Sie sich zum Reisen begeben: Je schneller die Reisegeschwindigkeit, je raffinierter die Nutzung physikalischer Gesetze und je ferner das Ziel sind und je mehr Mitmenschen Sie nicht kennen – desto unsicherer erscheint Ihnen eine Ankunft. Und desto ungewisser sind Ihre Ängste?
Nach kurzer, düsterer Einstimmung mit Terminalrauschen im Hintergrund und Schwarz-Weiß-Nahaufnahmen der Schlüsselfiguren kontrolliert die Stewardess routiniert die Fracht an Menschen. Schnell blitzen Klischees auf: Zwei Halbstarke mit Handy und Kaugummi. Beruhigungstabletten, ein Glas Wasser. Ein paar Worte zur Verspätung. Ein junges Paar mit „relaxing“ Urlaubsplänen. Ein tiefer Seufzer, geschlossene Augen. Regisseur Marcus Richardt verliert sich nicht in Einzelheiten, er stellt zügig die Situation zwischen Warten und Weiterkommen dar. Am Flughafen zusammengewürfelt, eingeschlossen von Aluminium, liegt das Wohl aller im Geschick eines Piloten irgendwo vorne im Cockpit. So herrscht weder greifbare Entspannung noch Anspannung im Raum.
„Ich versichere Ihnen, wir haben alle erforderlichen Maßnahmen getroffenâ€, kommentiert der Pilot in einem Zwischenschnitt die ersten Unregelmäßigkeiten. Trotz der schnellen Reaktion der Flugbegleiter legt sich die Unruhe nicht. Die Situation scheint dennoch „im Griff“. Getränke werden serviert, das Flugzeug hebt ab.
Zwischen der eskalierenden Situation im Flugzeug und den dokumentarischen Interviews mit den beteiligten Charakteren zeichnet sich die wahre Tiefe der Verunsicherung ab. Weder rational noch emotional können Pilot oder Stewart die Situation erklären. Die Besonnenheit anderer wirkt nicht im Mindesten deeskalierend, sondern zeigt nur, welch eine starke Kraft Angst sein kann. In den 16 Minuten von „Der Passagier“ offenbaren sich Unverständnis und Hilflosigkeit, die sich zu Panik steigern und die Opfer- und Täterrollen umdrehen. Das Prädikat „besonders wertvoll“ vom Kuratorium junger deutscher Film ist schlichtweg treffend!