Der wichtigste und aktuellste Film zum Thema Integration in Deutschland dauert elf Minuten und enthält nur einen einzigen Schnitt.
Keinem deutschen Regisseur ist es bis dato gelungen, was Dietrich Brüggemann in seinem Kurzfilm „One Shot“ zum Ausdruck bringt: Mutig und kompromisslos traut er sich an das heikle Thema Integration heran. In einem knallharten Racheepos bricht er nicht nur mit Genre-Tabus, sondern haucht einem nie ehrlich behandelten Thema neues Leben ein.
Von der ersten Sekunde reißt die Kamera den Zuschauer in einen turbulenten Strudel und gewährt ihm elf Minuten lang nicht eine einzige Atempause. Brüggemann zerschmettert mit seiner Kamera Konventionen, indem er sie in einem harten, schmerzvoll ehrlichen Licht darstellt.
Sein Held Erek (Burak Yigit) verkörpert meisterhaft einen jungen Türken, der in einer verworrenen, lächerlichen und gleichzeitig deprimierenden Welt überleben muss. Einer Welt, vor der wir jeden Tag unsere Augen verschließen. Deren Regeln keinen Platz zum Atmen lassen und mit der wir uns, als Zuschauer, tagtäglich zufriedengeben.
„One Shot“ bietet keinen Ausweg an. Während der Abspann läuft, muss man zwangsläufig darüber nachdenken, ob es diesen überhaupt gibt. Was können wir tun, um die Realität, die uns hier vor Augen geführt wurde, zu verändern? Die heile Gemütlichkeit eines Filmfestivals zerbröckelt. Es gibt keine Gnade für die Charaktere und die Zuschauer. Keine Moral, die zu überleben vermag. Wahrscheinlich wird die Welt, die Brüggemann kritisiert, durch seinen Film wohl kaum erschüttert werden. Darin liegt eine gewisse Tragik. Doch sie beweist, dass sich nicht alle zufriedengeben wollen.