Im großen Saal mit 780 Plätzen soll eine Filmvorführung stattfinden. Statt 780 erwartungsvollen Kinobesuchern sitzen da nur… drei! Schwer vorzustellen? Da war sie: die Unsicherheit. Außerhalb des Kinos feierte das deutsche Volk die Wiedervereinigung. Doch welche Rolle hat überhaupt der Film in diesem Prozess? Dieser Frage stellten sich gestern Vormittag rund 30 Teilnehmer in den Räumlichkeiten des Intercity Hotels. Als geladene Gäste konnten die Veranstalter der Konrad-Adenauer-Stiftung neben filmkunstfest-Geschäftsführer Torsten Jahn und Kultusminister Henry Tesch die beiden Filmemacher Helke Misselwitz und Christian Schwochow begrüßen.
Kunst und Wiedereinigung – sicherlich ein schwieriges Thema, wenn die anwesenden Gäste selbst Zeitzeugen dieser gemeinsamen, deutsch-deutschen Geschichte gewesen sind. Oder wie es Moderator Ulrich Kavka ausdrückte: „Die Zeitzeugen sind der Feind des Historikers.“
Ungelöstes Rätsel
Umso grotesker war es, dass die Podiumsteilnehmer eher zurückhaltend diskutierten. Schlussendlich bekam die anspruchsvolle Diskussion einen kleinen Beigeschmack. Der zu hoch gesteckte, teilweise theatralische Sprachstil der Podiumsgäste verwischte die paradoxen Aussagen – mit Ausnahme von Christian Schwochow, Regisseur von Novemberkind.
Ab dem Beginn der Zuschauer-Interaktion kam Bewegung in die Sache. So stellte eine pfiffige Journalistin dem Kultusminister Tesch eine politische Frage zum Thema der öffentlichen Finanzierung der Digitalisierung im Kino. Was das mit der Rolle der Kunst zu tun habe, bleibt ein ungelöstes Rätsel. Heute ist die Kunst ein vielseitiger und fühlbarer Ausdruck unserer Gesellschaft. Auf die Frage, welchen Anspruch die Zeitzeugen dabei vom Film erwarten dürfen, protestierte Regisseur Schwochow: „Hört auf, von uns Filmemachern zu verlangen, eure schönen Erinnerungen wieder zu holen!“