Im Interview für unseren Podcast Talk & Tools waren die Sprecher*innen des Kinder- und Jugendrat Schwerin Pia Polzin und Cong Anh Orlemann. Katha hat mit ihnen u.a. über ihr Engagement und ihre Motivation gesprochen.
Damit eröffnen wir auch unsere Interviewreihe mit den Kinder- und Jugendgremien in Mecklenburg-Vorpommern. Wollt auch ihr dabei sein, dann schreibt uns gerne eine Email an
Am Anfang haben wir ein kleines Entweder-Oder-Spiel gespielt.
– Tiktok oder Instagram? → Instagram beide
– Videokonferenz oder Telefonkonferenz? → Videokonferenz beide
– Email oder Messenger → Messenger beide
– Nie wieder telefonieren oder nie wieder chatten → nie wieder telefonieren beide
– Sprachnachrichten oder Textnachrichten → je eins
– Streamen oder fernsehen → streamen beide
– YouTube oder twitch → Youtube beide
– Wald oder Meer → Meer beide
Warum engagierst du dich im Kinder- und Jugendrat Schwerin? Wie bist du dazu gekommen?
Cong Anh interessiert sich für Politik und will sich aktiv einsetzen. Er hat den Kinder- und Jugendrat Schwerin (kurz: KiJuRa Schwerin) über deren Internetseite gefunden, sich 2017 angemeldet und ist dort bei einem Treffen gewesen. Es hat ihm gut gefallen und ist Mitglied seit 2018.
Pia ist seit Ende 2019 Mitglied und ist zum KiJuRa Schwerin über Cong Anh gekommen. Sie kannte auch schon ein anderes Mitglied des KiJuRa Schwerin über eine Freundin. Das Interesse für Politik ist bei Pia gewachsen über die Zeit und sie wollte sich engagieren. Die Möglichkeit sich im KiJuRa Schwerin einzubringen, fand sie dann toll.
Welche Aufgaben habt ihr im KiJuRa Schwerin?
Congh Anh und Pia sind die Sprecher*innen des KiJuRa Schwerin. Weitere Mitglieder kümmern sich um Social Media, Emails oder Kontakte. Grundsätzlich könnten aber alle alles machen. Sie sehen das sehr locker und sind nicht hierarchisch strukturiert. Man kann sich den Aufgaben widmen nach eigener Lust und Zeit.
Wie viele Mitglieder habt ihr?
Aktiv sind zur Zeit 5 bis 6 junge Menschen im KiJuRa Schwerin. Es gibt weitere Mitglieder, die schon eine Weile nicht mehr da waren. Durch Studium, Ausbildung oder Arbeit fallen Aktive weg, die dann weniger Zeit haben, sich oft aber noch gerne engagieren würden.
Beide berichten im Interview, dass Sie auch in diesem Jahr Abitur machen und sich danach auch zurück nehmen werden.
Wie kann man bei euch mitmachen?
Jede junge Person, die Interesse hat, kann mitmachen. Die Sitzungen sind öffentlich. Offizielle Mitglieder werden dann durch eine Wahl bestätigt.
Wie arbeitet ihr zusammen?
Der KiJuRa Schwerin trifft sich alle zwei Wochen Samstag vormittags. Dort werden dann die Themen besprochen.
Momentan finden die Absprachen eher über WhatsApp und Skype statt. Sie probieren Slack für das eigene Projektmanagement aus.
Was sind eure Themenschwerpunkte und Interessen?
Für Pia und Congh Anh steht fest, dass sie als KiJuRa Schwerin eigentlich überall ihren Senf dazu geben können, von Umwelt über Soziales oder jugendpolitische Themen.
Pias Themen sind besonders Umwelt und Nachhaltigkeit. Sie ist neben dem KiJuRa Schwerin auch im RUN, dem Rat für Umwelt und Nachhaltigkeit MV fb, instagram) engagiert.
Sie hatten vor ein paar Monaten einen Antrag auf einen kostenlosen Wasserspender am Marienplatz in Schwerin gestellt. Der Antrag konnte wegen Corona nicht bearbeitet werden, die Stadt hat dies nun aber selbst schon beschlossen. Noch steht der Wasserspender aber nicht.
Pia berichtet vom aktuellsten Projekt. Zum Frauentag haben sie Kekse gebacken, diese verteilt in der Stadt und dabei Spenden gesammelt für das Frauenhaus in Schwerin.
Es gab vor einer Weile einen Antrag die Öffnungszeiten der öffentlichen Toiletten zu verlängern. Das war erfolgreich.
Wie finanziert ihr euch?
Das KiJuRa Schwerin ist ein Gremium der Stadt. Das Budget, dass sie eigentlich bekommen könnten, wird noch verhandelt. Momentan werden sie unterstützt und begleitet durch den Schweriner Jugendring e.V. und die dortige Beteiligungsmoderatorin Imke. Sie beantragen Geld für bestimmte Projekte. Sie würden sich aber über ein eigenes Budget freuen.
Was ist schwierig an eurer Arbeit?
Das hin und her in der Aktivität einiger Mitglieder und in Projekten. Es ist aber auch nicht leicht alle Mitglieder gut zu koordinieren, aufgrund verschiedener Schulendzeiten, Prüfungen und anderen Vorhaben. Wenn Ideen und Anträge in den politischen Raum gegeben werden, ist oft auch abwarten angesagt. Die anfängliche Motivation kann dann schon mal schwinden. Die beiden erzählen auch, dass sie lernen müssen ihre Kraft einzuteilen und sich auf bestimmte Projekte zu konzentrieren.
Sie haben ganz viele Ideen und Vorhaben, müssen aber selbst gut überlegen, was sie wirklich angehen können.
Dem KiJuRa Schwerin wurde das Antragsrecht, das sie hatten in der Stadtvertretung, wieder entzogen im letzten Jahr. Die aktuelle Kommunalverfassung in MV sage, so die beiden, dass Beiräte kein Antragsrecht haben. Das wollen sie auch gerne ändern und angehen.
Wie schätzt ihr die Zusammenarbeit mit Politik und Stadtverwaltung ein?
Es ist durchwachsen, erzählt Pia. Sie erhalten schon Lob und Anerkennung für ihr Engagement. Sie wurden auch schon vom Ortsbeirat Zippendorf eingeladen. Die Existenz des KiJuRa Schwerin spricht sich rum. Es fehlen aber feste Verbindlichkeiten für die beiden. Eher scheinen die Politiker*innen aufgeschlossen zu sein, die eh dem Thema Jugend offen gegenüber stehen. Von einem Lob alleine passiert noch nichts handfestes.
Wie ernst genommen fühlt ihr euch von den Erwachsenen?
Gut. Sie fühlen sich ernst genommen. Der KiJuRa Schwerin wird oft zu Veranstaltungen eingeladen, die Themen haben wie Kinderarmut, Jugendpolitik, Spielplatzgestaltung. Zu Ortsbeiratssitzungen werden sie auch manchmal eingeladen. Es hilft schon auch ein offizielles Gremium der Stadt zu sein. Es könnte aber noch einiges passieren, betonen die beiden.
Wir machen auch selbst Veranstaltungen. Die letzte war mit dem Schweriner Oberbürgermeister, den sie interviewt haben. Zu sich eingeladen hatte das KiJuRa Schwerin auch schon alle jugendpolitischen Sprecher*innen der Fraktionen. Aus solchen Gesprächen können beide Seiten gut was mitnehmen, erzählt Cong Anh.
Es würde aber noch mehr möglich sein, wenn die Bekanntheit des KiJuRa sowohl bei den Jugendlichen als auch in Politik und Stadt steigen würde, schätzt Pia ein.
Was wünscht ihr euch für euren Kinder- und Jugendrat?
Mehr Mitglieder und ein festes eigenes Budget und eine größere Bekanntheit, wünschen sich die beiden. Kinder und Jugendliche sollen durch den KiJuRa Schwerin mehr gehört werden können. An ihrer eigenen Werbung wollen sie auch noch feilen.
Ein Jugendmitwirkungs- oder mitbestimmungsgesetz würde für Mecklenburg-Vorpommern auch noch wichtig sein, finden Pia und Cong Anh. Es würde Verbindlichkeit und Ernsthaftigkeit für die Expertise Jugendlicher zu jugendpolitischen Themen bedeuten für sie. Antragsrecht soll es natürlich auch geben?
Was wünscht ihr euch für Kinder und Jugendliche?
Sie sollen eine schöne Kindheit und Jugend haben können mit z.B. Freizeitangeboten und Sportmöglichkeiten. Gemeinschaftsgefühl zu erleben, findet Pia wichtig. Dann sind auch Zukunftsperspektiven wichtig, sowohl beruflich als auch fürs Klima.
Vorurteile und Barrieren sollen abgebaut werden, wünscht sich Cong Anh. Zwischen einigen Stadtteilen in Schwerin gibt es viele Vorurteile. Es soll keinen Hass und keine Diskriminierung geben. Mehr Zusammenhalt zwischen den Stadtteilen und Generationen wäre schön. Das will der KiJuRa Schwerin auch angehen.
Durch fridays for future konnte man schon sehen, dass Jugendliche was erreichen können. Vor 10 Jahren hätte man das noch nicht geglaubt, dass etwas passiert, wenn Kinder und Jugendliche streiken. Sie hoffen, dass das Angestoßene und die Stimmen bleiben und nicht verschwinden.
Es ist ein Ansporn dadurch auch ernstgenommener zu werden. Pia hofft, dass dies nur ein Anfang war auf die eigene Meinung aufmerksam zu machen und sich zu engagieren.
Habt ihr Lieblingsprojekte?
Cong Ahn erzählt, dass der kostenlose Wasserspender ihm wichtig war. Der Juni ist Pride Monat und eigentlich gibt es viele Christopher Street Days, wo man Diversität, Vielfalt und alle sexuellen Orientierungen feiert und für mehr Gleichberechtigung demonstriert. Eigentlich, sagt er, wenn es nicht Corona gäbe. Das Thema wollen sie auch mit in den KiJuRa nehmen.
Pia freut sich auch wieder auf das erste analoge Treffen des KiJuRa Schwerin.
Was wollt ihr noch sagen?
Cong Anh ruft auf, dass sich Kinder und Jugendliche engagieren und ihre Stimme Gehör finden lassen. Sich zu engagieren ist ein wichtiges Instrument in der Demokratie. „Wir müssen nur in der Masse erscheinen und laut sein“, ergänzt er.
„Macht den Mund auf! Ihr habt ne Meinung und könnt damit was bewegen“, ergänzt Pia.
Vielen Dank an euch für das Interview!
Links:
Kinder- und Jugendrat Schwerin: Website, Facebook, Instagram
RUN, dem Rat für Umwelt und Nachhaltigkeit MV: Facebook, Instagram
Talk & Tools:
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Talk and Tools – der Jugendbeteiligungs-Podcast von Katharina Bluhm ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz (CC-BY 4.0).
Beitrag vom 1. Juni 2020